Das Mehrwertsteuer Dilemma in der Gastro: Wer muss wie viel zahlen? (inkl. Corona Update)

von Joleen - GastroHero 356.886 views21

Stand 12.02.2021

Wer einen Gastro-Betrieb eröffnet kommt um das leidige Thema Steuern nicht herum. Die anfängliche Freude über den reduzierten Steuersatz für Lebensmittel ist bald verflogen. Denn schnell wird klar: So einfach ist das nicht.

Steueranpassung durch Corona – Womit müssen Gastronomen jetzt rechnen?

Die Verwirrung rund um den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie wird nun noch größer. Durch die aktuelle Corona Situation hat die Regierung beschlossen den Gastronomen mit der Senkung der Mehrwertsteuer unter die Arme zu greifen. Ziel ist es, privaten Haushalten den Start aus der Krise zu erleichtern und die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Schon vor diesen Beschlüssen, waren die Mehrwertsteuer Regelungen in der Gastronomie nicht immer einfach zu verstehen. Wenn Sie sich also so fühlen:

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Dann helfen Ihnen sicher unsere folgenden Informationen dazu, was Sie ab sofort beachten müssen.

Von wann bis wann gilt das und wie genau ändern sich die Steuersätze?

Seit dem 01. Juli 2020 gibt es Änderungen bezüglich der Mehrwertsteuer. Generell galt eine Senkung des Grundsteuersatzes von 19 auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent. Aber wie war das nochmal mit vor Ort oder außer Haus essen in der Gastronomie? Rufen Sie sich die erste Corona Anpassung (Beschluss 22.04.2020) nochmal ins Gedächtnis: Egal, ob der Kunde sein Essen vor Ort oder außer Haus verzehrt, es gelten 5%. Am ersten Januar 2021 wurden der ermäßigte und der Standardsteuersatz wieder angehoben und der Steuersatz für den Verzehr in und außer Haus beträgt bis zum 31.12.2022 7%.

Müssen die Preise nun gesenkt werden?
Sie entscheiden weiterhin selbst, ob Sie die Steuersenkung an Ihre Kunden weitergeben, oder nicht. Ebenfalls ist es Ihnen überlassen, ob Sie einen unterschiedlichen Preis für den Verzehr vor Ort oder außer Haus verlangen. Wenn Sie sich dazu entscheiden, dem Kunden einen Rabatt zu gewähren, müssen Sie sich auch nicht direkt auf die Preislisten stürzen und diese ändern. Für den Zeitraum der neuen Steuersätze reicht es aus, wenn Sie einen Aushang verfassen, welches Produkt wie reduziert ist und diesen bei Bezahlung abziehen. Jedoch sollten Sie auch nicht direkt alle Produkte pauschal um 3% beziehungsweise 2% reduzieren, da die Senkung mathematisch nur einen Rabatt von 2,5% beziehungsweise 1,9% ausmacht.

Was muss ausgewiesen werden?
Bei der Ausweisung der Steuern bleibt alles wie gehabt, denn da viele Produkte oder Dienstleistungen inklusive der Mehrwertsteuer ausgewiesen werden, muss dort auch nichts geändert werden. Bei Rechnungen oder Verträgen, bei denen die Mehrwertsteuer separat aufgeführt wird, muss natürlich der aktuell verwendete Steuersatz angegeben werden. Am Ende des Tages ist es am wichtigsten, dass auf der Abrechnung erkenntlich ist, wofür welcher Steuersatz genutzt wurde. Um es in der Gastro etwas einfacher zu haben, ist es von Vorteil ein Kassensystem zu nutzen, bei dem die verschiedenen Steuersätze voreingestellt werden können.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Regelungen zunächst komplizierter scheinen, als Sie eigentlich sind.  Um die Änderungen und die Zeiträume der neuen Steuersätze noch einfacher zu verstehen, haben wir hier noch eine Übersicht für Sie:

Mehrwertsteueränderung Übersicht

Ab dem 01.01.2023 kehrt also wieder die Ursprungssituation zurück. Und wie die im Detail aussieht, erfahren Sie nun:

Welche unterschiedlichen Steuersätze gelten in der Gastronomie und warum?

Grundsätzlich gilt auf Lebensmittel, ausgenommen Getränke, der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent. Leider profitieren in der Gastro nur die wenigsten Betriebe davon. Denn das Zubereiten von Speisen, der Service und das Bereitstellen von Sitzmöglichkeiten werden als Dienstleistung deklariert und somit mit dem regulären Steuersatz von 19 Prozent besteuert. Es gibt allerdings einige Ausnahmen:

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Wann muss welcher Steuersatz gezahlt werden?

Speisen zum Mitnehmen zählen nicht als Dienstleistung und werden somit mit nur 7 Prozent besteuert. Bäckereien, Fleischereien und andere Betriebe, die ihre Waren zum Großteil an der Theke verkaufen, können damit erheblich an Steuern sparen. Eine Faustregel, die bei der Ermittlung der Steuern gerne genutzt wird lautet wie folgt: Es kommt darauf an, wo gegessen wird. Wird das Essen im Betrieb verzehrt, gelten 19 Prozent Mehrwertsteuer, wird es mitgenommen nur sieben. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, wenn keine teuren Nachzahlungen anfallen sollen.

Coffee To Go: 7 oder 19 Prozent Mehrwertsteuer?

Ein Problemfall ist beispielsweise der beliebte Coffee To Go. Irrtümlich könnte man annehmen, dass nur 7 Prozent Mehrwertsteuer anfallen, da er ja schließlich zum Mitnehmen serviert wird. Doch hier lauert eine Falle, denn Kaffee ist ein Getränk – und die sind vom ermäßigten Steuersatz ausgenommen. Allerdings kommt es darauf an, was für ein Kaffee der Kunde bestellt. Latte Macchiato und Milchkaffee können nämlich mit 7 Prozent besteuert werden. Ihr Milchanteil liegt bei über 75 Prozent, damit gelten sie als Milchmischgetränke und auf Milch gilt wieder der reduzierte Steuersatz. Hört sich das für Sie schon kompliziert an? Es geht leider noch schlimmer.

Beim Catering kommt es auf das Geschirr an

Eröffnen Sie einen Catering-Service, werden Sie nicht etwa belohnt, wenn Sie etwas für die Umwelt tun wollen und auf Porzellan- anstatt Plastikgeschirr setzen. Denn wenn Sie sich die Mühe machen, das Geschirr später wieder zu säubern, dann ist das eine Dienstleistung und somit werden Ihre kompletten Einnahmen mit 19 Prozent besteuert. Gleiches gilt, wenn Sie neben Speisen auch Stühle und Tische für Ihre Kunden bereitstellen. Nur wer lediglich Standardspeisen ohne Geschirr (bzw. mit Plastikgeschirr), Chafing Dishes und sonstige Zusatzleistungen liefert, erhält den reduzierten Mehrwertsteuersatz.

Hotelbetreiber müssen Übernachtung und Frühstück getrennt abrechnen

Auch Hotelbetreiber haben es bei der Versteuerung ihrer Leistungen nicht unbedingt leicht. Zwar haben sie das Glück, dass Übernachtungen seit 2010 dem reduzierten Steuersatz unterliegen, um die Anzahl an Hotelübernachtungen in Deutschland zu erhöhen. Allerdings gelten diese reduzierten Angebote ausschließlich auf die Übernachtungen. Pauschalangebote mit Übernachtung und Frühstück sind also nur für die Gäste eine große Erleichterung. Der Hotelbetreiber muss hierbei nämlich die Preise für Übernachtung und Frühstück steuerlich trennen und unterschiedlich abrechnen, was für einen erhöhten Verwaltungsaufwand sorgt. Da kommt man fast auf die kuriose Idee den Gästen das Frühstück zum Mitnehmen anzubieten.

Der DEHOGA setzt sich für eine Steueränderung ein

Die eben genannten Beispiele erscheinen Ihnen abstrus und wenig einleuchtend? Da sind Sie nicht die Einzigen. Doch nicht zuletzt deshalb setzt sich der Deutsche Hotellerie und Gastronomie Verband (DEHOGA) für ein verändertes Steuersystem ein. Der DEHOGA sieht in den unterschiedlichen Steuersätzen auch eine Benachteiligung von Restaurants mit Sitzmöglichkeiten und Service gegenüber Händlern, die die Ware auf die Hand anbieten. Oftmals wird die gleiche Leistung geboten (z.B. ein belegtes Baguette). Doch das Restaurant muss dafür wesentlich mehr Steuern bezahlen, obwohl durch zusätzliches Servicepersonal und das Bereitstellen von Sitzmöglichkeiten ohnehin schon höhere Kosten auf den Betreiber zukommen.

Das wiederum führt zu höheren Preisen im Restaurant und damit zu einer geringeren Gästeanzahl. Der DEHOGA argumentiert daher, dass eine Senkung des Steuersatzes hiermit auch für eine gesündere Ernährung der Bevölkerung sorgt. Denn in einer Zeit, in der immer mehr Menschen sich außer Haus ernähren, sollte der Staat Anreize bieten, sich nicht nur von schnellen, oft ungesunden Snacks zu ernähren. Ähnliches gilt auch für den Catering Service, bei dem es steuerlich belohnt wird, wenig umweltfreundliches Einweg-Geschirr zu verwenden.

Laut EU Recht ist es jedem Land frei überlassen, ob es für Gastronomie Betriebe den reduzierten Steuersatz gelten lässt. Den deutschen Gastronomen bleibt also zu hoffen, dass der DEHOGA Erfolg hat und es bald eine Änderung gibt.

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Kommentare (21)

  1. Hatten heute beim Italiener das Problem: Haben drinnen zu Mittag gegessen und wollten dann das Tiramisu mit nachhause nehmen, um es später dort zu essen. Wir machten auf die unterschiedliche Besteuerung aufmerksam Das Restaurant sah das anders, es sei richtig, alles mit 19% MwSt zu besteuern. Wir einigten uns schließlich auf eine Reduktion des Preises für die Mitnehmware. Sich wollte man uns als Kunden nicht vergrellen. Aber im Gespräch stellte sich heraus, dass der Kellner nichts wusste von der unterschiedlichen Besteuerung.

    1. Hallo Gisela,
      danke, dass Du Deine Erfahrungen mit uns teilst! Grundsätzlich sind die Gastronomen natürlich nicht dazu verpflichtet bei unterschiedlicher Besteuerung auch unterschiedliche Preise zu führen. Viele haben den selben Preis – egal, ob to go oder nicht.
      Schade, dass das Restaurant nichts von den Unterschieden wusste. Wir hoffen natürlich, dass wir so viele Gastronomen wie möglich mit unserem Artikel aufklären können.

      Viele Grüße
      Joleen von CHEERS

  2. Liebes Cheers-Team,

    es wäre schön, wenn bei jedem Artikel ein Datum der Veröffentlichung und ein Autor dabeistehen würde. Quellenangaben wären auch hilfreich. Vielen Dank!

    Liebe Grüße
    Carina

    1. Hallo Carina,
      danke für den Hinweis! In diesem Beitrag haben wir tatsächlich unsere Quellen vergessen. Das pflegen wir nach.
      Viele Grüße
      Joleen von CHEERS

  3. Hallo,wie kann es sein dass bei einem Beitrag vom 1.7.2020 Kommentare von Oktober 19 drunter sind?

    Ist es nicht richtig ,dass pauschal 5% für Speisen gelten,egal welche Dienstleistungen dabei anfallen?
    Sprich „Steuerfällen im Überblick “ gilt erstmal nicht mehr?

    1. Hallo Markus, dies ist ein älterer Artikel, der jedoch ständig von uns geupdatet wird. Das Datum zeigt den aktuellen Stand des Beitrages an. Daher sind auch ältere Kommentare möglich.

      Bisher haben Dienstleistungen, wie die Art des Geschirrs, der Lieferdienst oder die Möglichkeit zum Sitzen oder Stehen den Steuerunterschied für den Verzehr in und außer Haus bestimmt. Richtig, mit dem Corona-Update vom 01.07. gelten diese Steuerfallen erst einmal nicht mehr.

      Viele Grüße
      Joleen von CHEERS

  4. Hallo,

    wie hoch ist der Steuersatz für Getränke und Speisen, wenn ich ein Package anbiete? Für eine Veranstaltung.
    Danke und Gruß
    Florian

    1. Hallo Florian,

      es ist egal ob Produkte mit unterschiedlichen Steuersätzen in einem Paket angeboten werden. Auf der Rechnung oder dem Kassenbon müssen die unterschiedlichen Steuersätze ausgewiesen werden. Wenn zum Beispiel Cola und Pommes zu einem Preis verkauft werden, muss trotzdem bei den aktuellen Steuersätzen die Pommes mit 5% und die Cola mit 16% besteuert werden. Man kann leider keinen Mittelwert bilden und es gibt auch keinen separaten Satz für Menüs. Ich hoffe, ich konnte Dir helfen!
      Hier unsere Quelle für Dich zum Nachlesen: https://news.steuerfinder.com/betrieb/umsatzsteuer/nachrichten/detail/artikel/umsatzsteuer-auf-spar-menues-484.html

      Viele Grüße
      Joleen

  5. Liebes Cheers Team,

    wie verhält es sich denn bei Snack Angeboten im Hotel, wie z.B. Erdnüsse, Chips, Schokolade ect.?
    Wie werden diese denn besteuert?

    1. Hallo Maike,
      also unter normalen Umständen ist das von dem Service und der Einrichtung abhängig.
      Wenn der Gast sich den Snack selber kauft und keine Sitzmöglichkeit zum Verzehr hat, werden 7% berechnet. Wenn Sie den Snack Ihrem Gast servieren oder vor der Snackausgabe Tische und Stühle haben, die extra für den Verzehr vor Ort da sind, werden 19% berechnet. Da momentan diese Differenzierung aufgehoben ist und der Steuersatz gesenkt wurde, werden in jedem Fall nur 5% berechnet für den Rest des Jahres.
      Viele Grüße
      Joleen

  6. Mit kaum einer anderen Steuer werden die Bürger in Deutschland so sehr schikaniert wie mit der Umsatzsteuer. Das fängt bei einer völlig unbrauchbaren Regelung für die Kleinunternehmer an, über die kleine Gewerbetreibende in die Altersarmut gedrängt werden, und hört bei einer Flut von Gesetzen, Vorschriften und Erlassen noch lange nicht auf. Mit dem zum Drucken der Vorschriften verwendeten Papier lassen sich vermutlich mittlerweile locker ganze Güterzüge füllen. Nie war Deutschland weiter entfernt von der Bierdeckel-Idee des Herrn Merz als Heute..

  7. Weiss jemand, wie man ab dem 1. Januar 2021 das Hotel Frühstück steuerlich angeben muss? Wir hatten immer 12 EUR Büffet, jetzt muss man wohl nach Speisen und Getränken trennen und die wiederum mit unterschiedlichen Steuersätzen. Aber mit welchen? 7 % und 5 & oder 7 % und 19 %? Oder 16 % ? Wäre für eine Auskunft sehr dankbar, da auch unser Steuerberater nicht weiss was zu tun ist.

    1. Hallo Frank,
      vielen Dank für deinen Kommentar! Laut der DEHOGA gelten der reduzierte Steuersatz von 7% für die Verpflegung und der normale Steuersatz von 19% für Getränke. Weitere Informationen findest du unter folgendem Link: https://www.dehoga-corona.de/fileadmin/Corona-Daten/Merkblaetter/Merkblatt__2__reduzierter_Mehrwertsteuersatz_ab_1.7.2020__Stand_2.7.2020.pdf

      Viele Grüße
      Lukas

  8. ZITAT:
    „Von wann bis wann gilt das und wie genau ändern sich die Steuersätze?

    Seit dem 01. Juli 2020 gibt es Änderungen bezüglich der Mehrwertsteuer. Generell galt eine Senkung des Grundsteuersatzes von 19 auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent. Aber wie war das nochmal mit vor Ort oder außer Haus essen in der Gastronomie? Rufen Sie sich die erste Corona Anpassung (Beschluss 22.04.2020) nochmal ins Gedächtnis: Egal, ob der Kunde sein Essen vor Ort oder außer Haus verzehrt, es gelten 7%. Am ersten Januar 2021 wurden der ermäßigte und der Standardsteuersatz wieder angehoben, aber der Steuersatz für den Verzehr in und außer Haus beträgt bis zum 31.12.2022 weiterhin 7 Prozent.“

    Kann es sein, dass das am Ende des zweitletzten Satzes „5%“ heißen müsste (dort steht „7%“)?!?

    1. Hallo Chris,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Da ist uns leider ein kleiner Fehler unterlaufen, diesen haben wir unverzüglich korrigiert. Danke für dein Aufmerksames lesen!

      Viele Grüße
      Lukas

  9. Hallo!
    Wir wollen in unserem Café Kaffee-Getränke, Milchgetränke und Tee in Pfandbechern zum Mitnehmen anbieten. Zusätzlich noch Limos, Wasser und Bier in Pfand-Flaschen zum Mitnehmen.
    Wie wird das Pfand für die Plastikbecher und Glasflaschen auf dem Bon korrekt besteuert für das To-Go-Geschäft? Alle mit 19% und nur das der Milchgetränke mit 7%?
    Ich blicke da nicht durch.
    Schöne Grüße
    Katrin

    1. Hallo Katrin,
      vielen Dank für deinen Kommentar! Da liegst du schon komplett richtig. Die Faustregel lautet: Alle Getränke, egal ob To-Go oder für den Verzehr vor Ort, werden mit 19% berechnet. Milchmischgetränke werden mit 7% berechnet, da es sich bei Kuhmilch um ein Grundnahrungsmittel handelt. Hier muss aber auch aufgepasst werden. Denn der ermäßigte Prozentsatz gilt nicht für alternative Milch wie z.B. Soja-, Reis- oder Hafermilch. Pflanzliche Milch zählt nämlich nicht als Grundnahrungsmittel. Außerdem wollen wir noch auf das Plastikverbot ab Juni Hinweisen. Plastikfreie Alternativen findest du hier.

      Viele Grüße
      Lukas

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